Diese Objekt sind Teil der Soundinstallation „Among Waves“ mit The Poetry Project, die vom 9-11. Juli 2025 im silent green zu sehen ist.
Zuletzt waren sie Teil der Rauminstallation »Nimm Notiz! 3« (2024), eine Textarbeit von Kollektiv »kaboom« mit Elke Erb, Özlem Özgül Dündar, Ronya Othmann und
The Poetry Project, die Berlin vom 10. Oktober 2024 – 30. Januar 2025 im Literarischen Colloquium zu sehen war.
Der Läufer
Das Elke Erb Archiv in der Akademie der Künste ist wie eine Fundgrube, die wir niemals in der Kürze der Zeit hätten sichten können (große Teile des Nachlasses werden gerade erst systematisiert und erschlossen), wenn nicht Christoph Kapp als Nachlassverwalter und Archivar sein unglaubliches Wissen über Elke Erb und ihr Œuvre mit uns geteilt hätte. Neben vielen eigenen Texten, Notizbüchern und kommentierten Erstausgaben unterschiedlichster Autor*innen (Elke Erb war eine kritische Leserin, die mit vielen Autor*innen im Austausch stand) war auch das ein oder andere Stück aus Erbs Berliner Wohnung zu finden – ein selbstgenähter Klammerbeutel, ein bemaltes Frühstücksbrettchen, ein Handfeger mit Elke Erbs Beschriftung „Bekehrung“ und auch dieser Läufer. Der Dichter Steffen Popp vermutet, dass er auf die 80er Jahre datiert werden kann. Der Läufer besteht aus Versatzstücken, neu zusammengenähten Fragmenten, verschiedensten Stoffresten. Ein Meer, ein Schiff, ein Strand – was sehen Sie?
The Rug
The Elke Erb Archive at the Akademie der Künste is like a treasure trove that we would never have been able to sift through in such a short space of time (large parts of the estate are only just being systematised and made accessible), were it not for Christoph Kapp, the estate administrator and archivist, who shared his incredible knowledge of Elke Erb and her oeuvre with us. As well as many of her own texts, notebooks, and annotated first editions by diverse authors (Elke Erb was a critical reader who was in communication with several other authors), we also found a thing or two from her Berlin flat – a clothespin bag she had sewn herself, a painted wooden breakfast board, a dustpan and brush with Erb’s annotation “Bekehrung” (which holds the double meaning of sweeping and religious conversion), and this rug. The poet Steffen Popp assumes it can be dated to the 1980s. The rug consists of fragments sewn together, all kinds of left-over fabrics. The sea, a boat, a beach – what do you see?
Die Robbe
Özlem Özgül Dündar
mein elfjähriges ich ist das erste mal im leben am wattenmeer. die stiefel tief im schlammigen sand - ich gehe ein in die tiefe des meers. pass ich nicht auf, werde ich verschluckt, füße, beine, arme hände, kopf - und ich bin weg. buddel buddel mich wieder hoch - eine sisyphos aufgabe, die bis heute anhält. die robbe verkörpert für mich den moment davor, ganz knapp davor, bevor ich anfange verschluckt zu werden und mich verliere. mein elfjähriges ich kauft diese kleine robbe beim ausflug ans wattenmeer - nordsee 1994.
The Seal
Özlem Özgül Dündar
my eleven-year-old self is at the wadden sea for the first time. boots deep in the slimy sand – i sink into the deep of the sea. if i don’t watch out, i’ll be swallowed, feet, arms, hands, head – and i’m gone. burrow burrow myself back up, a sisyphean task still going today. for me the seal embodies the moment before, right before, before I begin being swallowed and lose myself. my eleven-year-old self buys this little seal on a trip to the wadden sea in the north sea 1994.
Heiliges Wasser aus Lalisch
Ronya Othmann
In den Flaschen ist Wasser, das ich vor ein paar Jahren in der Quelle Kaniya Sipî im Heiligtum der Jesiden in Lalish in der Autonomen Region Kurdistan im Irak abgefüllt habe. Kaniya Sipî bedeutet „Weiße Quelle“ und das Wasser dort wird auch verwendet, um jesidische Kinder zu taufen.
Ich war mehrmals dort. Die Flaschen (ganz normale Wasserflaschen), habe ich in den Jahren 2018, 2019 und 2022 abgefüllt. Welche Flasche aus welchem Jahr war, weiß ich allerdings nicht mehr. Ich habe immer auch Flaschen für Familienmitglieder abgefüllt. Diese aber habe ich für mich behalten. Sie stehen in meinem Bücherregal. Ich habe keine Verwendung für sie. Aber ich sehe dabei zu, wie das Wasser Jahr für Jahr weniger wird.
Holy Water from Lalish
Ronya Othmann
The bottles contain water that I collected a few years ago at the Kaniya Sipî spring in the the Yazidi sanctuary in Lalish in the Autonomous Region of Kurdistan in Iraq. Kaniya Sipî means ‘White Spring’ and the water there is also used to baptise Yazidi children.
I’ve been there several times. I filled the bottles (normal water bottles) in 2018, 2019 and 2022. However, I can’t remember which bottle is from which year. I always filled bottles for my family members too, but I ended up keeping them for myself. I keep them on my bookshelf. I have no use for them. But I watch as the water diminishes year by year.
Die Weinrebe
The Poetry Project
Shahzamir Hataki (*2000) wurde in Mazar-e-Sharif, Afghanistan, geboren. Als einziger Sohn seiner Eltern floh er im Alter von 15 Jahren allein nach Deutschland. Insgesamt war er drei Monate unterwegs und wäre auf der Überfahrt nach Griechenland beinahe ertrunken. Seit 2015 hält er seine Erfahrungen in Poesie fest, gemeinsam mit anderen jungen Geflüchteten nimmt er regelmäßig an Gedicht-Workshops des Berliner Poetry Project teil. Er arbeitet an der Charité und möchte eines Tages zu „Ärzte ohne Grenzen“.
Hatakis Eltern sind noch in Afghanistan. Dort haben sie einen großen Garten, in dem neben vielen anderen Pflanzen auch Weintrauben wachsen. Wenn er Trauben sieht, erinnert er sich an Zuhause. Außerdem sind die Früchte für ihn ein Symbol der Gastfreundschaft – jedes Jahr freut sich seine Familie auf den Zeitpunkt, wenn sie Bekannten und Freund*innen die gereiften Trauben als Erfrischung anbieten können. In Afghanistan werden diverse Sorten angebaut, die sich in Aussehen und Geschmack stark unterscheiden: weißlich bis grüne Trauben, die sehr süß schmecken, und herb-würzige Trauben in unterschiedlichen Violett-Tönen.
2022 hatte die Gründerin von The Poetry Project die Gelegenheit, Hatakis Eltern zu besuchen – und brachte einen Ableger einer Weinrebe aus ihrem Garten mit nach Berlin. Gemeinsam mit Hataki ist sie Mitglied eines Kleingartenvereins in Spandau. Dort ranken sich seit letztem Jahr die afghanischen Trauben an einer Pagode entlang, die Shahzamir Hataki selbst gebaut hat und spenden den Besucher*innen Schatten.
The Vine
The Poetry Project
Shahzamir Hataki (*2000) was born in Mazar-e-Sharif, Afghanistan.His parents’ only son, he fled to Germany aged 15. His journey took three months in total, and he almost drowned on the crossing to Greece. Since 2015, he has been recording his experiences in poetry, and regularly takes part in the Berlin Poetry Project’s poem workshops. He works at the Charité hospital and would one day like to join »Doctors Without Borders«. Hataki’s parents remain in Afghanistan. There, they have a big garden, in which grape vines grow alongside many other plants. When he sees grapes, he thinks of home. The fruit is also a symbol of hospitality – every year his family looks forward to the time when they can offer friends and acquaintances the ripened grapes as refreshment. In Afghanistan, several varieties are grown, all very different in appearance and taste: very sweet white-green grapes, bitter, tangy grapes in different shades of purple.
In 2022, the founder of the Poetry Project hat the opportunity to visit Hataki’s parents – and brought a cutting of a vine from their garden back to Berlin with her. She shares an allotment in Spandau with Hataki. Now Afghan grapes trail along a pagoda that Shahzamir Hataki built himself, providing shade for visitors.
Mokorotlo Hut
»kaboom«
Manche Dinge begleiten uns von der Kindheit an. Kleine Glücksbringer, von Verwandten geschenkt oder vom ersten Taschengeld erstanden. Sie schmücken Schultaschen und Rucksäcke, kommen mit in den Urlaub, die Sommerferien bei den Großeltern und in die erste eigene Wohnung. Sie sind selbstverständliche Begleiter*innen, bis jemand nach ihrer Geschichte fragt. Dieser kleine Hut aus Lesotho ist so ein Stück. Er ist dem Qiloane-Berg bei Thaba Bosiu nachempfunden, ist aus getrocknetem Stroh geflochten und soll vor Gefahren und schlechten Einflüssen schützen. Heute wacht er über das »kaboom« Büro.
Mokorotlo Hat
»kaboom«
Some things accompany us from childhood. Lucky charms gifted by relatives or bought with our first pocket money. They decorate school bags and rucksacks, come with us on summer holidays with grandparents and into first flats. They are companions we take for granted until someone asks about their history. This little hat from Lesotho one such talisman. It is modelled on the Qiloane mountain near Thaba Bosiu, woven from dried straw and is intended to protect against danger and bad influences. Today it watches over the ‘kaboom’ office.